An Dallgows Grundschulen wird es keine raumlufttechnischen Anlagen geben. Am 31.8.2022 hat sich die Mehrheit der Gemeindevertreter gegen eine Beauftragung entschieden. Wie kam es dazu?
Seit August 2020 wird über den Einbau von Lüftungsgeräten debattiert (wir berichteten: Verschleppt – keine Luftfilter für Dallgows Schulen und Kitas und hier). Seitdem mussten Dallgows Schüler 2 Winter bei offenen Fenstern lernen und frieren. Es werden weitere hinzu kommen.
Nachdem die erste Ausschreibung keine akzeptablen Angebote enthielt, wurde eine zweite, beschränkte Ausschreibung gemacht. Dort meldeten sich 8 Firmen mit Angeboten. 3 Firmen haben in ihrem Angebot das Leistungsverzeichnis verändert – ein Formfehler, der dazu führte, dass die Verwaltung sie nicht mehr berücksichtigte. Die Firmen wurden auf ihren Fehler nicht hingewiesen, es wurde nicht aufgefordert, ihn zu beseiten. Sie wurden einfach ausgeschlossen. So beinhaltete das günstigste Angebot einen Einbau erst im dritten Quartal 2023. Die Förderung dafür endet aber bereits im Juni 2023, so dass damit keine Fördergelder mehr möglich wären. Die ausgeschlossenen Firmen hätten im Februar liefern können und wären damit voll förderfähig gewesen.
Der Einbauzeitpunkt war nicht als Ausschlusskriterium in der Ausschreibung angegeben – obwohl in regulären und Sondersitzungen immer wieder darüber diskutiert wurde, wie zeitkritisch der Einbau für die Förderfähigkeit ist. Dadurch konnte formal nur das Angebot berücksichtigt werden, welches ohne Fördergelder auskommen muss.
Auf Rückfrage von Frau Mohn gibt sich die Verwaltung ahnungslos: man könne ja kein Angebot empfehlen, das der VOB widersprechen würde. Das man durchaus eine Nachbesserung hätte fordern können wird ignoriert. Das der eigentliche Fehler in der Ausschreibung selbst liegt, nämlich nicht den Einbauzeitraum als Ausschlußkriterium anzugeben, wird ignoriert. Ich konnte mich des Eindruckes nicht erwehren, hier wird gemauert und es existiert gar kein Wille, eine Lösung herbeizuschaffen.
CDU, Freie Wähler und AfD stimmen dann gegen die Beauftragung, da keine Förderung mehr möglich sei und die Gemeinde die kompletten Kosten zu tragen hätte.
Das zeigt die Prioritäten von Verwaltung und der Mehrheit der Gemeindevertreter ganz anschaulich. In der selben Sitzung wurde nämlich die Anzahl der Mitglieder des SV Seeburg angegeben. Der Verein hatte am 1.1.2022 226 Mitglieder. Sie erinnern sich vielleicht, im März diesen Jahres wurde der Neubau eines Umkleide- und Duschgebäudes für den SV Seeburg genehmigt. Kosten dafür: 1,2 Mio. €. Die Grundschule Dallgow hat 716 Schüler, sie ist die größte Grundschule Brandenburgs. Man kann also für 226 Mitglieder eines Sportvereins 1,2 Mio. € ausgeben, für 716 Schüler ist der gleiche Betrag aber zu viel. Und dann wird noch in der gleichen Gemeindevertretersitzung behauptet, die Kinder würden an erster Stelle stehen. Die Realität sieht aber anders aus.
Reaktionen
Entsprechend sind die Reaktionen der Dallgower.
Anna Mohn, Fraktionsvorsitzende der Grüne/SPD-Fraktion: "Der Bürgermeister hat die Anlagen nie befürwortet. Dass er die Ausschreibung so gestalten ließ, dass eine rechtzeitige Lieferung kein Ausschlusskriterium war und das Projekt nun genau daran scheitert, ist deshalb höchst fragwürdig. Die Lieferung nachhaltiger und wie von der Schule gewünscht qualitativ hochwertiger RLT-Anlagen aus Deutschland, die einfach gewartet werden könnten, wäre bis Februar 2023 und damit in dem Zeitrahmen möglich, in dem wir auch die Fördermittel des Bundes erhalten – wenn die Ausschreibung entsprechend gestaltet worden wäre."
Mohn weiter: "Es ist traurig zu sehen, dass die Kinder eine so geringe Priorität in der Gemeinde haben."
Die Vorsitzende der Elternvertretung, Andrea Lampe: "Wir sind maßlos enttäuscht von dieser Entwicklung, weil wir aufgrund des eindeutigen Beschlusses der Gemeindevertretung vom letzten Jahr sowie der breiten Unterstützung auch in der Elternschaft, über die wir dem Bürgermeister in Kenntnis gesetzt hatten, davon ausgegangen waren, dass Ausschreibung und Beauftragung nur noch reine Formsache seien. Nun muss man sich schon fragen, warum die Ausschreibung seitens der Verwaltung augenscheinlich viel zu spät und offenbar auch ohne ganz entscheidende Ausschluss- Parameter wie Lieferzeiten ausgerollt wurde".
Frau Lampe ist die Enttäuschung anzumerken. So bemerkt sie, dass es müßig sei, sich an "hypothetischen Details von Inkompetenz oder Verschleppung, wahlweise fahrlässig oder vorsätzlich, abzuarbeiten."
Sie verweist auf vorherige Entscheidungen und Initiativen der Verwaltung, die nicht im Sinne der Kinder gewesen wären. "Kommunalpolitik und Verwaltung, mit dem Bürgermeister an der Spitze, hatten es wieder einmal in der Hand, Gutes für den Nachwuchs, für die Bildungsarbeit und -qualität in Dallgow zu tun. Und wieder mal hat’s dafür nicht gereicht. Ein echtes Armutszeugnis“, so Lampe.
Ein Dallgower Vater sieht es sarkastisch "Ich bin gespannt, was diesen Winter wichtiger ist: Lüften als Infektionsschutz und damit die Kinder frieren lassen und die Wärme zum Fenster rausschmeissen oder die Fenster geschlossen lassen, damit das teure Gas gespart wird. Dreimal dürfen sie raten …".