27. Juli 2024

Kein Ende in Sicht: Grundwassersanierung in Neu-Döberitz

Der Bereich von Dallgow, der heute Neu-Döberitz heisst, war bis in die 1990er Jahre über 100 Jahre lang militärisch genutzt. Mitte der 1990er Jahre wurden alte Militärgebäude abgerissen und kontaminierter Boden getauscht. Bei Grundwassermessungen wurde dann festgestellt, dass auch das Grundwasser kontaminiert ist. Kontaminiert mit hologenierten Kohlenwasserstoffen.

Halogenierte Kohlenwasserstoffe

Die leichtflüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffe (LCKW) wurden in Werkstätten und Wäschereien benutzt, da sie eine stark entfettende Wirkung haben. Früher wurden sie zum Beispiel genutzt für die sogenannte chemische Reinigung. Sie bilden eine nicht mischbare Flüssigkeit, die biologisch praktisch nicht abbaubar ist. Gelangt diese ins Grundwasser, gilt dieses ab einem Grenzwert von 10 Mikrogramm pro Liter als belastet. Sie wirken toxisch, krebsauslösend und erbgutverändernd. Sie sind – in den im Grundwasser vorhandenen Konzentrationen – nicht riech- oder sichtbar.

Lage in Neu-Döberitz

In Neu-Döberitz wurden in 3 Bereichen die Grenzwerte mit LCKW überschritten:

  1. Im Südosten von Neu-Döberitz, etwa 150 Meter nördlich der Hamburger Strasse zwischen Wilhelmstrasse und Schwanengraben
  2. Im Norden von Neu-Döberitz, nördlich der Strasse "Am Wasserturm"
  3. Im Westen von Neu-Döberitz, südwestlich des Gymnasiums

Aufgrund dieser Kontamination ist im gesamten Gebiet von Neu-Döberitz die Entnahme von Grundwasser verboten. Verboten sind ebenfalls Bohrungen bis zum Grundwasser, selbst wenn sie das Grundwasser nicht entnehmen wollen.
Seit 1996 wird durch die gezielte Entnahme von Grundwasser in den Sanierungsbrunnen und Zuführung über eine Aktivkohlereinigungsanlage das Grundwasser gereinigt und so eine Dekontamination angestrebt. Geplant war diese Maßnahme bis Anfang der 2000er Jahre.
Zwar wurde eine Reduktion der Kontamination um 90% erreicht, seitdem stockt die weitere Dekontamination jedoch.
Zuletzt sind die Belastungswerte sogar wieder gestiegen.

Was sagt die untere Wasserbehörde

Wir haben mit der unteren Wasserbehörde gesprochen, was das für Neu-Döberitz bedeutet.
Dabei wurde uns mitgeteilt, dass eine vollständige Sanierung möglicherweise nie erreicht werden wird und die Reinigungsmaßnahme noch Jahre oder Jahrzehnte weitergeführt werden könnte. Und selbst dann wäre ein Unterschreiten des Grenzwertes "mit unseren Mitteln" nicht wahrscheinlich. Es wird weiter gemessen. Sollte es keine Fortschritt mehr geben, wird unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit die Reinigungsmaßnahme sogar eingestellt. Das Verbot der Grundwasserentnahme würde aber bestehen bleiben.
Unter Dallgow gäbe es Braunkohlevorkommen, die mit dem LCKW Verbindungen eingehen könnten und daher über eine sehr lange Zeit das Grundwasser weiter kontaminieren können. Im Moment schaue man von Jahr zu Jahr und bewerte die Lage jährlich neu.

Konkrete Empfehlungen

Für die Bewohner von Neu-Döberitz besteht keine Gefahr. Die LCKW befinden sich tief im Boden in einem Bereich von 8-14 Metern und stellen für die Bewohner an der Oberfläche keine Gefahr dar.
Trotzdem gibt es einige Dinge, die sie beachten sollten.
Halten sie sich an das Verbot der Grundwasserentnahme. Sie können es nicht riechen, sehen oder schmecken, aber es würde ihnen schaden.
Baden sie nicht im Egelpfuhl. Dieser ist ein Grundwassersee und daher kann nicht ausgeschlossen werden, das dort auch kontaminiertes Grundwasser enthalten ist. Der Schwangengraben gilt als sicher.
Im Gemüseanbau gibt es nichts zu befürchten, solange sie nicht mit Grundwasser bewässern. Regenwasser oder das Wasser der OWA stellen keine Gefahr dar.
Obst von Obstbäumen kann gefährlich werden, wenn die Wurzeln der Bäume ins Grundwasser reichen. Das Grundwasser in Neu-Döberitz befindet sich 8-14 Meter unter der Oberfläche. Obstbäume können 8 Meter durchaus überwinden und würden dann kontaminiertes Grundwasser in das Obst befördern. Schauen sie also, wie tief das Grundwasser unter ihrem Grundstück ist und entscheiden sie dann je nachdem.

Wie geht es weiter?

Die untere Wasserbehörde konnte nicht ausschliessen, dass die aktuell durchgeführten Sanierungsmaßnahmen irgendwann ausreichen, um die Kontamination unter den Grenzwert zu bringen. Optimistisch klang sie dabei aber nicht. Für die nächsten Jahre ist mit der Grundwasserreinigung weiterhin zu rechnen, so wurde erst jüngst ein Rohr dieser Anlage ausgetauscht.
Eine Alternative wäre nur ein kompletter Bodenaustausch bis zum Grundwasser in den betroffenen Gebieten. Angesichts der Bebauung eher eine unwahrscheinliche Lösung.
Langfristig müssen sich die Neu-Döberitzer wohl damit abfinden, kein Grundwasser entnehmen zu dürfen. Da ansonsten keine Gefahr besteht, eine hoffentlich verschmerzbare Einschränkung.

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