Harald Wunderlich wurde am 8.Februar 2022 zum neuen Vorsitzenden der Gemeindevertretung gewählt. Wir hatten Gelegenheit, Herrn Wunderlich einige Fragen zu stellen, nachdem wir bereits mit dem unterlegenen Kandidaten Heiner Kindinger sprechen konnten.
Herr Wunderlich ist neben seiner neuen Funktion als Vorsitzender der Gemeindevertretung Mitglied in den Ausschüssen für Klima, Umwelt, Verkehr und nachhaltige Gemeindeentwicklung und im Hauptausschuss sowie Ortsvorsteher im Ortsbeirat Seeburg. Er ist Mitglied der FWG und Vorsitzender der Fraktion FWG/FDP. Zur letzten Bürgermeisterwahl ist er als Kandidat angetreten. Harald Wunderlich ist 65 Jahre alt.
dallgow.news: Wie kam es zu ihrer Kandidatur, haben sie sich dafür beworben oder wurde die Idee an sie herangetragen?
Harald Wunderlich: Für mich – wie auch für alle anderen Mitglieder der Gemeindevertretung – kam der Rücktritt des ehemaligen Vorsitzenden der Gemeindevertretung, Herrn Ralf Böttcher, sehr überraschend und unerwartet.
Ich selbst hatte Herrn Böttcher bei der letzten und auch vorletzten Vorsitzendenwahl für diese Funktion vorgeschlagen, weil ich von seiner Arbeit und seinem Engagement überzeugt war. Ich hatte selbst zu keinem Zeitpunkt die Absicht, dieses Amt anzustreben.
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es problematisch sein kann, wenn Bürgermeister und Vorsitzender der Gemeindevertretung aus „einem Stall“ kommen. Eine der durch die Kommunalverfassung zugewiesenen wesentlichen Aufgaben der Gemeindevertreterinnen und -vertreter ist die Kontrolle des Bürgermeisters mit seiner Verwaltung. Herr Böttcher hat im Zusammenhang mit seinem Rücktritt das Spannungsfeld zwischen seiner Kontrollfunktion und Parteiloyalität deutlich gemacht. In früheren Wahlperioden war es durchaus vorteilhaft für die Entwicklung der Gemeinde, wenn Bürgermeister und Vorsitzender der Gemeindevertretung aus unterschiedlichen Lagern kamen. Aus einem kritischen, aber fairen Umgang miteinander entwickelten sich gute Lösungen.
Ich wurde von verschiedenen Seiten angesprochen und gebeten, mich für die Wahl zum Amt eines Vorsitzenden zur Verfügung zu stellen. Dies führte dann kurzfristig zu meiner Kandidatur. Ich freue mich sehr darüber, dass mir im Ergebnis die Mehrzahl der Gemeindevertreterinnen und -vertreter das Vertrauen geschenkt haben.
dallgow.news: Was wird ihre erste Amtshandlung sein?
Harald Wunderlich: Meine erste Amtshandlung war bereits in der letzten Woche ein Besuch im Rathaus, um mit dem Bürgermeister ein erstes Abstimmungsgespräch zu führen und die Tagesordnung für die nächste Sitzung der Gemeindevertretung festzulegen.
Nun stehen Gespräche mit den Gemeindevertreterinnen und -vertretern sowie der Gemeindeverwaltung an.
In der nächsten Woche folgt dann die Februarsitzung der Gemeindevertretung, in der ich dann erstmalig die Funktion des Vorsitzenden ausüben darf.
dallgow.news: Sie hatten nicht viel Vorbereitungszeit auf die neue Aufgabe. Wie haben sie sich vorbereitet und was ist noch zu tun?
Harald Wunderlich: Da ich seit etwa 14 Jahren Mitglied der Gemeindevertretung bin, sind mir die Abläufe in diesem Gremium wohlbekannt. Die allermeisten Abgeordneten, den Bürgermeister sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung kenne ich seit vielen Jahren.
Ich betrete also kein Neuland.
Die Aufgaben eines oder einer Vorsitzenden der Gemeindevertretung sind sehr detailliert in der Brandenburger Kommunalverfassung sowie der Geschäftsordnung der Gemeindevertretung geregelt. Als Vorsitzender ist es insbesondere für mich wichtig, in diesen Regelungen „sattelfest“ zu sein.
dallgow.news: Welche Schwerpunkte möchten sie in dieser Funktion setzen?
Harald Wunderlich: Ein Vorsitzender der Gemeindevertretung hat als Abgeordneter in erster Linie die gleichen Rechte und Pflichten wie die anderen Gemeindevertreterinnen und -vertreter.
Darüber hinaus sind ihm sehr exakt gefasste Vorgaben auferlegt, durch die insbesondere die Vorbereitung und die ordnungsgemäße Durchführung der Sitzungen der Gemeindevertretung geregelt werden.
Die Schwerpunkte meiner Arbeit als Vorsitzender sehe ich darin, meine Aufgaben überparteilich, objektiv und fair innerhalb der bestehenden Regelungen zu erledigen.
dallgow.news: Ralf Böttcher, ihr Vorgänger, war lange in dieser Funktion. Welche Arbeitsweisen von Herrn Böttcher möchten sie weiterführen, wo möchten sie neue Akzente setzen?
Harald Wunderlich: Herr Ralf Böttcher hat als Vorsitzender der Gemeindevertretung eine hervorragende Arbeit geleistet.
Wir sind individuelle Typen, deshalb wird sich meine Arbeit innerhalb des vorgegebenen Rahmens naturgemäß von seiner unterscheiden. Natürlich ist mein Ziel, die erfolgreiche Fortsetzung des Wirkens der Gemeindevertretung sicherzustellen. Ich setze dabei auf Dialog, konstruktive Kritik und Konsens.
dallgow.news: Herr Böttcher begründete seinen Rückzug damit, dass ihm eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister nicht mehr möglich sei. Wie ist ihr Verhältnis zum Bürgermeister und wie wollen sie sicherstellen, dass die Zusammenarbeit konstruktiv bleibt?
Harald Wunderlich: Ich kenne Herrn Richter seit Jahren. Ich bin überzeugt davon, dass wir auf der Basis gegenseitiger Wertschätzung und Respekts gemeinsam zu guten Lösungen für die Zukunft unserer Gemeinde kommen werden. Natürlich ergeben sich aus der Kontrollfunktion der Gemeindevertretung gegenüber dem Bürgermeister Konfliktfelder. Diese unterschiedlichen Positionen bieten aber auch die Chance, in einem Diskurs zu konstruktiven gemeinsamen Ergebnissen zu kommen. Meine besondere Aufgabe sehe ich darin, diesen Prozess unter Einbindung aller Beteiligten auf der Basis einer fairen und guten Kommunikation zu moderieren und voranzutreiben.
dallgow.news: Wird man sie nun öfter bei Veranstaltungen und Terminen sehen?
Harald Wunderlich: Es wird manchmal übersehen, dass alle Menschen, die sich in unserer Gemeinde politisch engagieren, dies ehrenamtlich tun. Neben Sitzungen und deren Vorbereitungen gibt es eine Fülle von Treffen und Gesprächen. Seit Jahren organisiere ich auch selbst Veranstaltungen in der Gemeinde oder helfe bei der Durchführung von Events mit. Trotz aller entsprechenden Bemühungen ist es mir bisher leider nicht gelungen, zu jeder Zeit an allen Orten zu sein…Ich übe noch!
dallgow.news: Nicht immer können sich alle Parteien einig werden, dann gibt es auch mal Streit. Sind sie gut im Vermitteln von Kompromissen?
Harald Wunderlich: Vielleicht gelingt es nicht immer, bei gegensätzlichen Sichtweisen eine gemeinsame Lösung zu finden – einen Versuch ist es aber allemal wert! Die Bereitschaft, unterschiedliche Standpunkte zuzulassen und zu akzeptieren, gehören wie ein gewisses Maß an Kompromissbereitschaft zu den Eigenschaften, die ein Mitglied der Gemeindevertretung meiner Meinung nach mitbringen sollte. Ich behaupte bei aller Bescheidenheit, dass ich Prozesse der Annährung zwischen gegensätzlichen Auffassungen ganz gut gestalten kann.
In einer Demokratie ist es geregelt, dass letztendlich die Mehrheit bei unterschiedlichen Positionen entscheidet. Mir ist es jedoch wichtig, dass sich die Beteiligten danach noch in die Augen schauen können.
dallgow.news: Was gibt es, was die den Dallgowern gerne mitteilen möchten?
Harald Wunderlich: Ich möchte die Dallgowerinnen und Dallgower auffordern, sich aktiv an der Entwicklung unseres Ortes zu beteiligen. Besuchen Sie die öffentlichen Sitzungen der verschiedenen politischen Gremien, sprechen Sie die von Ihnen gewählten Gemeindevertreter mit Ihren Anliegen und Ideen an.
Auf der Ebene der Kommunalpolitik gibt es vielfältige Möglichkeiten mitzugestalten, was „vor unserer Haustür“ passiert.
Mein besonderes Anliegen ist es, gerade junge Menschen für die Entwicklung unseres Ortes und für ein Engagement in der Kommunalpolitik zu interessieren. Es ist ihre Zukunft, über die derzeit überwiegend von Älteren diskutiert und entschieden wird.