Auf der letzten Gemeindevertretersitzung wurde über die Ausweitung der Live-Übertragung auf Ausschüsse diskutiert. Dabei zeigte sich, dass es unter den Gemeindevertretern 2 Lager gibt. Da sind die Freien Wähler, die diesen Antrag gestellt haben und da ist die CDU, die – angeführt vom Bürgermeister – sowohl Streaming als auch Speicherung am liebsten abschaffen wollen.
Argumentiert wird hier mit sinkenden Zahlen beim Livestream und Abrufen der gespeicherten Sitzungen.
Zahlen bitte
Nach Angaben des Bürgermeisters schauten den Livestream zwischen 40 und 62 Zuschauer, im Nachhinein wurden die Sitzungen 324 Mal abgerufen. Da die letzte Sitzung jene mit den 40 Livestreamern waren, erkennt er einen negativen Trend.
Wer schon einmal im Sitzungssaal im Rathaus war, wird sich wundern: dort gibt es keine 40 Plätze für Gäste und schon gar keine 62 Gästeplätze. Üblicherweise machen sich 2-5 Gäste die Mühe in den Sitzungssaal zu kommen. Ich kann da keinen negativen Trend erkennene sondern im Gegenteil eine deutlich höhere Partizipation der Bürger am politischen Geschehen.
Die Grünen argumentierten gegen eine Speicherung der Sitzungsvideos mit den CO2-Emissionen, die Speicherung und Übertragung verursachen würden. Um das direkt mal abzuräumen: nach aktuellen Studien erzeugt 1 Gigabyte Datenübertragung 100Gramm CO2. Sehr wahrscheinlich wird bereits ein einziger Sitzungsgast, der statt Stream zu schauen mit dem Auto zum Rathaus fährt, deutlich mehr CO2 ausstoßen. Streaming kann hier also sogar sparen.
Laut Bürgermeister verursacht eine Streamingsitzung ca. 1 Stunde Arbeit bei einem kommunalen Mitarbeiter. Für mich klingt das nach ziemlich wenig Aufwand, um Bürger am politischen Geschehen teilhaben zu lassen.
Gabs da nicht was im Wahlkampf?
Noch im Wahlkampf haben alle Akteure unisono für mehr Tranzparenz und mehr Digitalisierung geworben.
Sven Richter dazu in einem Interview: „Ich möchte auf jeden Fall die Kommunikation mit den Bürgern verändern. Ich möchte mehr Informationen in die Haushalte bringen – digital, im Print oder auch persönlich."
Was ist der Livestream denn, wenn nicht Garant für Tranparenz und Teil von Digitalisierung? Die Positionen im Wahlkampf sollten sich doch im tatsächlichen Verhalten nach der Wahl widerspiegeln.
Sind wir vielleicht selbst schuld?
An einem Mangel an politischem Interesse kann es nicht liegen, dass der Livestream abgeschaltet werden soll. Dallgow.news berichtet jeden Monat über die Gemeindevertretersitzung. Jeder dieser Berichte wird Monat für Monat über 1000 mal abgerufen – ein klares Zeichen für das rege Interesse der Bürger.
Vielleicht sind wir dadurch aber selbst Schuld: wer unsere Zusammenfassung liest, muss nicht 3 Stunden und mehr Livestream schauen, sondern wird die Zusammenfassung in wesentlich kürzerer Zeit gelesen haben.
Ohne Livestream jedoch wird unsere Arbeit schwerer: wir müssten dann jede Sitzung vor Ort verfolgen. Das würde nicht immer gelingen und somit gäbe es dann oft auch keine Zusammenfassung mehr – das große Interesse der Dallgower wäre somit nicht mehr bedient.
Quote wie im Bundestag
Wissen sie, dass die Bundestagssitzungen auch Live übertragen werden? Auf Phoenix. Die bisher beste Zuschauerquote einer Bundestagssitzung war die Sitzung des Bundestages vom 20.Oktober 2017. Dort erreichte Phoenix in Spitze 500.000 Zuschauer. Klingt viel, sind bei 80 Mio. Deutschen jedoch nur 0,62% erreichte Bürger.
Der beste Tag es Livestreams in Dallgow war 62 Zuschauer. Bei 10.000 Dallgowern ergibt das eine Quote von ebenfalls 0,62%. Die Gemeindevertretersitzung hat also ein Interesse erzeugt wie der Deutsche Bundestag. Das ist doch schon ganz erstaunlich.
Fühlen sie sich, liebe Gemeindevertreter, also wie im Deutschen Bundestag und lassen den Dallgowern den Livestream, damit sie auch in Zukunft dieses Bundestagsfeeling im Dallgower Rathaus geniessen können.