Die kommunale Wärmeplanung gilt als zentrales Instrument für die Wärmewende und den Klimaschutz auf lokaler Ebene. Mit dem kürzlich veröffentlichten Entwurf für Dallgow-Döberitz liegt nun ein umfangreiches Dokument vor, das den Weg zur klimaneutralen Wärmeversorgung bis 2045 skizziert. Doch wie robust und konsistent ist dieser Plan wirklich? Ein genauer Blick offenbart neben Stärken auch gravierende methodische Schwächen und Fehler, die dringend adressiert werden sollten.
Stärken des Entwurfs
Zunächst das Positive: Der Wärmeplan bietet eine umfassende Bestandsaufnahme der Gebäude- und Siedlungsstruktur, analysiert die aktuelle Energie- und Emissionsbilanz und entwickelt ein ambitioniertes Zielszenario für 2045. Die Maßnahmen sind in Phasen gegliedert, die Beteiligung der Öffentlichkeit und relevanter Akteure wird betont, und die Strategie ist grundsätzlich nachvollziehbar aufgebaut. Die Potenzialanalyse zeigt, dass Dallgow-Döberitz über erhebliche technische Möglichkeiten zur Nutzung erneuerbarer Energien verfügt – von Geothermie über Solarthermie bis hin zu Abwärme aus geplanten Rechenzentren.
Gravierende Inkonsistenzen bei Flächenangaben
Ein zentrales Problem des Entwurfs liegt in der Darstellung der Flächennutzung. Im Fließtext und Kreisdiagramm wird die Verkehrsfläche mit 0,4 % der Gesamtfläche angegeben, in der zugehörigen Tabelle jedoch mit 7 %. Ähnliche Diskrepanzen finden sich bei anderen Nutzungsarten wie Landwirtschaft und Wohngebiet. Die Flächen in der Tabelle summieren sich auf nur 14,66 km², während die Gemeinde laut Text eine Gesamtfläche von 66,55 km² hat. Es bleibt völlig unklar, was mit den restlichen 77 % der Fläche ist. Für Leser:innen ist nicht nachvollziehbar, auf welche Bezugsfläche sich die Prozentangaben jeweils beziehen – ein methodischer Fehler, der die gesamte Flächennutzungsanalyse und darauf aufbauende Aussagen entwertet.
Potenzialanalyse: Viel Technik, wenig Realität
Die Potenzialanalyse listet beeindruckende technische Möglichkeiten auf: Über 1.700 GWh Abwärme aus Rechenzentren, 454 GWh Geothermie, 514 GWh Solarthermie – bei einem tatsächlichen Wärmebedarf der Gemeinde von nur etwa 66–77 GWh pro Jahr. Zwar wird im Text erwähnt, dass diese Potenziale „technisch maximal möglich“ sind und die tatsächliche Nutzbarkeit begrenzt ist, doch eine realistische Einordnung fehlt. Die Darstellung kann so den Eindruck erwecken, dass die Gemeinde ein Vielfaches ihres Bedarfs decken könnte, was praktisch und wirtschaftlich nicht umsetzbar ist. Besonders das Abwärmepotenzial aus Rechenzentren ist irreführend, da nicht kritisch bewertet wird, wie viel davon tatsächlich nach Dallgow-Döberitz transportiert und genutzt werden könnte.
Widersprüche bei Biogas und Biomethan
Im Potenzialteil wird Biogas als relevante Option ausgewiesen, im Zielszenario jedoch als unwahrscheinlich für die Wärmeversorgung eingestuft. Die Begründung: Biogas wird vorrangig zur Stromerzeugung genutzt, die Wirtschaftlichkeit für die Wärmebereitstellung ist fraglich. Diese widersprüchliche Behandlung erschwert die Nachvollziehbarkeit der Strategie und zeigt, dass die Potenzialanalyse und das Zielszenario nicht sauber aufeinander abgestimmt sind.
Weitere methodische Schwächen
- Unsicherheiten: Zwar wird auf Unsicherheiten und die Notwendigkeit der Fortschreibung hingewiesen, doch eine systematische Quantifizierung oder Szenarienbildung fehlt.
- Endenergieverbräuche: Die Angaben schwanken zwischen 66, 73 und 77 GWh, ohne dass die Unterschiede methodisch klar erläutert werden.
- Flächenkategorien: Kategorien wie „Wiesen“ tauchen im Kreisdiagramm auf, fehlen aber in der Tabelle – auch das erschwert die Nachvollziehbarkeit.
Fazit: Überarbeitung dringend nötig
Der Entwurf zur kommunalen Wärmeplanung für Dallgow-Döberitz zeigt, wie komplex und herausfordernd die Wärmewende auf kommunaler Ebene ist. Trotz vieler guter Ansätze leidet das Dokument unter gravierenden methodischen Inkonsistenzen, insbesondere bei den Flächenangaben und der Potenzialdarstellung. Für eine belastbare und transparente Planung ist es unerlässlich, die Bezugsflächen klar zu benennen, Prozentwerte konsistent zu berechnen und technische Potenziale realistisch einzuordnen. Nur so kann die Wärmeplanung zur echten Leitplanke für die lokale Energiewende werden – und nicht zur Quelle von Missverständnissen und Fehlentscheidungen.


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